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Smarte Mode kommt mit Mikroelektronik

Kann Mode mehr als Kleiden? Im Projekt »Re-FREAM« suchen Kunstschaffende und Forschende gemeinsam nach Synergien aus Textil und Technik, um Kleidung smart zu gestalten. Um die dafür benötigten Integrationstechnologien und elektronischen Module kümmern sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie Christian Dils vom Fraunhofer IZM.

© privat
Christian Dils.
© Jessica Smarsch
Stil und Funktionalität vereint: hier mit Kleidung, die Muskelaktivitäten misst und somit Rehabilitationsprozesse optimiert.

Herr Dils, während aus Uhren Smartwatches und aus Armbändern Fitness-Tracker wurden, ist Kleidung noch Kleidung geblieben. Ist Mode schon im digitalen Zeitalter angekommen? 

Schon heute sind erste textile Produkte verfügbar, die Vitalfunktionen und Fitnessdaten aufnehmen und an ein Smartphone senden, vor Gefahren bei der Arbeit warnen oder ganz simpel, wärmen können. Im Vergleich zu Smartwatches oder Fitness-Trackern sind die elektronischen Textilien – die sogenannten E-Textilien – jedoch noch nicht auf dem Massenmarkt angekommen. Am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM sind wir aber fest davon überzeugt, dass E-Textilien ein großes Innovations- und Wachstumspotential aufweisen. 

Was wäre ein passendes Beispiel aus der Re-FREAM-Kooperation?

Das Vorhaben »Connextyle« rund um die Designerin und Produktentwicklerin Jessica Smarsch. Sie und ihr Team haben Kleidungsstücke entwickelt, die Rehabilitationsprozesse nach einem Schlaganfall optimieren können. Dafür werden die Muskelaktivitäten mit textilbasierten Elektromyographie-Sensoren gemessen und mittels dehnbarer Leiterbahnen an ein textilintegriertes Elektronikmodul gesendet. Anschließend können die Daten via Smartphone an die zuständigen Therapeuten übermittelt werden. 

Die Anwendungsszenarien sind aber unbegrenzt und nicht nur auf Mode beschränkt. Ein Teilprojekt in Re-FREAM ist beispielsweise »Alma«, mit dem die italienische Designerin Giulia Tomasello Tabus rund um die weibliche Gesundheit aufdecken und ein Monitoring der vaginalen Flora realisieren möchte. Ein weiteres Beispiel wäre das Teilprojekt »Lovewear«, das Unterwäsche entwickelt, die besonders Menschen mit körperlichen Einschränkungen dabei helfen sollen, die eigene Intimität zu erforschen.

Welche technischen Herausforderungen müssen dabei bewältigt werden?

Besonders anspruchsvoll sind die Kontaktstellen zwischen Elektronik und Textilien, denn diese müssen im industriellen Maßstab herstellbar sein und beim Tragen sowie nach dem Waschen immer noch zuverlässig funktionieren. Möglich wird dies durch starke Miniaturisierung der elektronischen Module, spezielle Beschichtungs- und Verkapselungsverfahren oder auch durch textilgeeignete Kontaktierungstechnologien wie beispielweise dem am Fraunhofer IZM speziell dafür entwickelten Bonding-Prozess. Eine weitere Herausforderung sind die integrierten Leiterstrukturen, die ähnlich weich, dehn-, bieg- und faltbar wie Textilien sein müssen.

Das Projekt befindet sich nun in der zweiten Phase. Was können wir in den nächsten Monaten erwarten?

Während der drei Art-Tech-Projekte der ersten Phase wurden innovative Konzepte für tragbare und nachhaltige Gesundheitsanwendungen entwickelt. In der zweiten Phase haben wir wieder drei talentierte und motivierte Designer gefunden, mit denen wir uns weitere Umsetzungsvarianten für E-Textilien anschauen. Die Fortschritte können jederzeit auf unserer Projektwebseite verfolgt werden. Außerdem möchte ich alle Interessierten dazu einladen, sich über unsere Re-FREAM-Gruppe auf LinkedIn zu vernetzen. 

 

Christian Dils studierte Mikrosystemtechnik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HTW) Berlin und schloss 2005 sein Studium ab. Er arbeitete für International Fashion Machines in Seattle, einem Pionierunternehmen für elektronische Textilien und am TZI - Zentrum für Datenverarbeitung und Kommunikationstechnologien in Bremen. 2007 trat Christian Dils als wissenschaftlicher Mitarbeiter in die Forschungsgruppe »Systems on Flex« am Fraunhofer IZM ein. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt die Entwicklung von dehnbaren und textilintegrierten elektronischen Systemen, insbesondere auf dem Gebiet der Substratprozessierung, Fertigungstechnologien und Verbindungstechniken.

 

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