Leistungselektronik und Systemtechnik für die Energieversorgung, Qualität und Zuverlässigkeit
Früherkennung für Materialfehler
Leistungselektronische Bauelemente sind unentbehrlich, wenn elektrische Energie verteilt, umgewandelt oder gespeichert werden soll. Gerade für höhere Spannungsklassen können zukünftig Bauelemente aus Siliziumkarbid herkömmliche Bauelemente aus Silizium ablösen.



Besonders zuverlässig müssen leistungselektronische Bauelemente sein, wenn sie an zentralen oder schwer zugänglichen Punkten im Energienetz, beispielsweise in Offshore- Windanlagen, zum Einsatz kommen. Halbleiterbau-elemente aus Siliziumkarbid (SiC) können eine zentrale Rolle in künftigen leistungselektronischen Systemen spielen. Denn im Vergleich zu konventioneller siliziumbasierter Leistungs-elektronik lassen sich mit SiC wesentlich energie-effizientere Lösungen realisieren.
Anspruchsvolles Halbleitermaterial
In der Herstellung und Bearbeitung ist SiC ein anspruchsvolles Material. Bislang haben vor allem die bereits kommerziell erhältlichen sogenannten unipolaren SiC-Bauelemente eine sehr hohe Zuverlässigkeit bewiesen. Dagegen sind bipolare SiC-Bauelemente, welche für Anwendungen in Energiesystemen mit höheren Spannungsklassen benötigt werden, heute noch deutlich anfälliger für bestimmte Materialdefekte. Diese Defekte führen nicht immer zum sofortigen Ausfall, sondern möglicherweise zu einer schleichenden Degradation, die nach dem heutigen Stand der Technik nur mit hohem Aufwand während der Herstellung bzw. im Endtest der Bauelemente beim Hersteller erkannt wird.
Im Rahmen des Projekts »SiC-WinS« haben die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB gemeinsam mit ihren Projektpartnern einen kostengünstigen Test entwickelt, mit dem sich kleinste Defekte bereits auf Siliziumkarbid-Wafern – dem Rohmaterial für neuartige, besonders energieeffiziente Bauelemente – nachweisen lassen.
Der Stand der Messtechnik ist ausbaufähig
Aktuell kommt zum Nachweis einer Degradation von SiC-Bipolarbauelementen ein elektrischer Stresstest zum Einsatz. Da dieser Test zum einen zeitaufwändig und teuer ist und zum anderen nicht frühzeitig in der Produktion auf Waferebene, sondern nur bei fertig gekapselten Bauelementen durchgeführt werden kann, ist diese Methode für eine industrielle Fertigung nicht geeignet. Die Idee der Projektpartner war es, die Ursache der Bauelementdegradation durch direkte Abbildung nachzuweisen. Daher haben sich die Forscher für die Methode der abbildenden Photolumineszenz (PL) bei Raumtemperatur entschieden, um die kritischen Defekte in industriellen Produktionslinien nachzuweisen. Bislang existierte kein PL-Messgerät, das schnell genug für die Defektanalyse ganzer Wafer und damit für den Einsatz in einer Fertigungslinie geeignet war.
Reihenuntersuchung für SiC-Wafer
Im Rahmen des Projektes SiC-WinS konnte diese Herausforderung gemeistert werden. Ein neu entwickeltes PL-Messgerät liefert Aufnahmen ganzer SiC-Wafer und aller darauf teilprozessierten Bauelemente mit einer Auflösung von 2 – 5 μm. Kritische Bauelemente, die später im Betrieb ausfallen würden, lassen sich so sicher identifizieren und markieren. Die zerstörungsfreie und kontaktlose Messung eines 150-mm-Wafers benötigt dabei weniger als 30 min und kann nach verschiedenen Zwischenschritten bei der Prozessierung des Wafers wiederholt werden.
Bereits nach dem ersten Prozessschritt der Bauelementfertigung – der epitaktischen Abscheidung des Driftgebiets – identifiziert der PL-Scanner Materialdefekte in den noch unfertigen Bauelementen. Genau bei diesen Bauelementen kommt es im späteren Betrieb zu Ausfällen. Damit ist das neu entwickelte Inspektionsverfahren eine ideale Ergänzung der Qualitätskontrollmethoden bei der industriellen Produktion von bipolaren SiC-Hochvolt-bauelementen. Durch die Vorhersage des Fehlerverhaltens trägt die PL-Messtechnik unmittelbar zur Einführung zuverlässiger und effizienter bipolarer SiC-Leistungs-bauelemente im Energie- und Hochvoltmarkt bei.
Über das Projekt:
Neben dem Fraunhofer IISB waren folgende Projektpartner beteiligt: Infineon Technologies AG • Intego GmbH • Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg. Für die Entwicklung des neuartigen Leistungselektronik- Tests sind die Projektpartner mit dem SEMIKRON Innovation Award 2016 ausgezeichnet worden. Das Projekt SiC-WinS wurde von der Bayerischen Forschungsstiftung gefördert.
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